Richard Didicher: "Wegschauen" (18.12.2019)
Ich habe mir stets eingeredet, dass man nur durch Freundlichkeit etwas für die Rasse bewirken kann. Es war eine Lüge und ich wurde Meister im Wegschauen und Verdrängen:
Ich verbrachte mit Menschen das Wochenende und ich malte mir aus, wie es in dem kargen Zwinger, der vorher ein Stall für Nutztierhaltung war, aussah, wenn ihre Hunde die ganze Zeit zu Hause allein und ohne Betreuung waren, aber ich schwieg.
Ein Mann kratzt mit einer Schippe im Zwinger die Welpenscheiße zusammen. Ich blicke auf den Haufen Kot und schweige und verdränge später die Erinnerungen.
Ich sitze mit bunt gekleideten Menschen abends bei Veranstaltungen an reich gedeckten Tischen und ihre Hunde vegetieren tagelang im Auto in Drahtkäfigen dahin. Ich schwieg.
Ich wusste, dass Menschen in der Prägephase der Welpen auf Mallorca den Urlaub verbrachten oder andere durch die Welt jetteten und ihren totkranken Hund im Zwinger vergaßen. Ich schwieg.
Wenn ich sah, dass Welpen am Genick wie Kaninchen aus Betonzwinger gebracht wurden, empörte ich mich, aber dabei blieb es.
Hunde im geschlossenen Kofferraum eines Cabrios oder in Kisten im Fußraum eines Fahrzeugs. Was tat ich dagegen?
Wenn es möglich war, umging ich es stets, die schmutzigen Zwinger in Hinterhöfen zu betreten.
Immer wieder wegschauen, schweigen und verdrängen.
Doch irgendwann vergisst man diese Alpträume und es bleiben nur die schönen Erinnerungen an das, was eigentlich zählt - die eigenen Hunde: Bianca, Denise, Captain, Lovely, Feu, Frederik und auch Namen, die noch schmerzen. Und ich erkenne sie alle wieder, wenn ich Bisou und Jela bei ihrem heiteren Spiel beobachte.
Dann kommt - wie aus dem Nichts - der Anruf eines Freundes: „Ich habe das Foto deines English Setter Rüden Aramis auf einem Portal für Tiere in Not gesehen.“
Ich habe endlich den Mut im Internet die Seiten mit den vielen Verstoßenen anzuklicken und hier offenbart sich mir das wirklich große Elend.
Nein, mein Freund hat sich geirrt, es ist nicht das Foto von Aramis, aber es ist ein wunderschöner Rüde aus dem gleichen renommierten italienischen Zwinger, aus dem dessen Vater stammte. Und er ist Aramis sehr, sehr ähnlich, der gleiche Ausdruck, die gleichen Augen.
Und ich sehe eine Vielzahl von English, Irish und Gordon Settern in südländischen Tierheimen vergessen oder in der Obhut von Hilfsorganisationen zwecks Weitervermittlung, manchmal sogar Iren mit Namen elitärer, wohlklingender Zwinger.
Die Fotos zeigen Hunde, die in ihrem Unglück Glück hatten, da sich jemand ihrer angenommen hat. Tausende verstoßener Tiere enden in Tötungsstationen.
Wieder Wegschauen und Verdrängen?
Die ewige Argumentation, dass die Rettung dieser Tiere die „Vermehrer“ beflügeln würde, noch mehr zu züchten, halte ich heute für Unsinn. Diesen Züchtern ist egal, ob die Tiere, für die sie keine Verwendung haben, am Leben bleiben oder getötet werden.
Im Süden werden massenweise Jagdhunde gezüchtet. Eine gnadenlose Auslese sorgt dafür, dass nur die „Elite“ eine Chance hat. Unverkäufliche Tiere, Hunde mit Angst vor dem Knall, Zahnfehler, Hodenfehler, alte Hunde, kranke Hunde werden ausgesetzt oder vor Tierheimen angeleint.
Hier hätte das Wegschauen eine neue Dimension, denn dies sind keine Einzelfälle. Hunderte Augen, die uns ansehen und hier gibt es für mich kein Wegsehen mehr, denn es sind die Augen unserer Hunde.
Ich weiß, dass mehr als einhundertfünfzig Menschen wöchentlich unsere Homepage anklicken.
Wenn Sie meine Sorgen teilen, lassen Sie uns zusammen etwas tun. Es gibt viele Möglichkeiten zu helfen.
Und wenn es nur „einen Tropfen auf den heißen Stein“ ist, dann wenigstens dies, denn alles ist besser als Zusehen, Schweigen und Verdrängen oder Wegsehen.
Vorstehhunde oder Sporthunde ?
Wer kennt sie nicht die alten Legenden von dem alten Jäger und seinem treuen Hund.
So lange es die Jagd geben wird – so auch heute- erfüllen Jagdhunde ihren Zweck.
Bei der Jagd verletztes Wild muss gefunden und erlöst werden.
(Nebenbei muss aber auch die Frage erlaubt sein, ob heute an der glorifizierten Jagdtradition festgehalten werden muss, wenn der ach so kreative moderne Mensch Waffen und Munition entwickelt hat, die angeblich schnell und schmerzlos Wild töten könnten?)
Fest steht, dass der Jagdhund durch seinen ausgezeichneten Geruchssinn die Schmerzen von angeschossenem Wild beenden kann. Das trifft vor allem bei allem Haarwild zu, und der Einsatz eines Jaghundes für solche Situationen steht außer Frage.
Anders sieht die Situation aber beim Federwild und den Vorstehhunden aus.
Ist ein praktischer Jagdeinsatz für Vorstehhunde, wenn sie nicht als Allrounder verwendet werden, heute noch nötig oder möglich?
Welcher anständige Mensch würde heute noch auf ein Rebhuhn oder Fasan anlegen?
Das Rufen der Rothühner in den Weinbergen der Camargue oder der stolze Aufschrei eines Fasans, wenn er durch einen unvorsichtigen Hund aufgescheucht wird und sich senkrecht „in den Himmel bohrt“, gehören für mich zu den Highlights des Sommers.
Diese Tiere sind inzwischen für mich heilig geworden, dies auch durch ihre Seltenheit.
Europaweit werden aber jährlich tausende Vorstehhunde ausgebildet - fast immer an hilflosem Volierewild - nicht für die Jagd, sondern als Sporthunde.
Stolz posieren in bunten Journals auch in diesem Herbst schicke, selbstbewusste Frauen mit „Möchtegernjagdhunden“, die Zöglinge mit toten aufgetauten Zuchtenten im Fang aus der letzten Lieferung des Wildlieferanten.
Gibt es für all diese unschuldigen Geschöpfe keine Gnade mehr?
Vor vierzig Jahren nahm ich als naiver „Zuschauer“ zum ersten Mal an einer Feldprüfung teil.
Ein „charmanter“ Prüfungsobmann fing ein flugunfähiges Rebhuhn ein, wandte sich an die Beteiligten und sagte mit seiner wohlklingenden Stimme: „Ein krankes Huhn, das erlöst werden muss.“ Er tötete es vor versammelter Mannschaft.
Warum nur habe ich den Unsinn geglaubt und bin nicht gleich gegangen?
Wie oft stand ich im Frühjahr am Rande eines Weizenfeldes und beobachtete das Spektakel:
Stürmische kleine Hunde rennen wie Windhunde über die Felder, der Vorwärtsdrang dieser Sporthunde kennt keine Grenzen und schon sind sie am Horizont und im Nu wieder zurück und die Richter nicken wohlwollend. Bei Witterung werfen sie sich zu Boden. Vorstehen sieht anders aus.
(Zu allem Elend werden diese setterähnlichen Geschöpfe an unerfahrene Welpenkäufer auch als Familienhunde verkauft.)
Mit Jagd hat das alles gar nichts zu tun.
Etwas spät meine Einsicht, werden manche sagen; zu Recht.
Wozu habe ich das alles mitgemacht?
Vielleicht, weil es etwas gibt, das auch heute noch mein Herz höher schlagen lässt:
Ein vorstehender Setter. Ein Bild, das mich in seinem Bann gefangen hält.
Es wäre schön, wenn diese Vorstehanlagen, eine uralte Tradition über die bereits der Wolf verfügt, beim echten Setter erhalten blieben.
Über diese Anlagen verfügen aber nicht nur die kleinen, unansehlichen, nervigen hellroten Sporthunde, die nach Deutschland gebracht wurden, um Prüfungen zu bestehen, sondern auch rassetypische Hunde, die diese Bezeichnung auch verdienen.
Und gut, dass es in Deutschland auch noch die intakte Natur mit natürlichen Wildbesatz gibt.
Wenn ich in Münzesheim in einem Revier voller vitaler wilder Fasanen sehe, wie ein richtiger Setter regungslos vorsteht und ein Fasanenhahn „genervt“ schimpfend majestätisch abstreicht, um etwas später wieder an die gleiche Stelle einzufliegen, habe ich für einen Augenblick ein herrliches Bild eines wirklichen Vorstehhundes genossen – kein Hunderennen und keine Quälerei von unschuldigen Hühnervögel.
Richard Didicher
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
- Ein neues Zuhause -
Missverständnisse im Zusammenleben zwischen Mensch und Hund
(Richard Didicher)
E i n n e u e s Z u h a u s e
Der erste Tag mit Ihrem Welpen ist der schwierigste.
Wichtig ist es Fehler zu vermeiden, dies beginnt schon bei der Fahrt nach Hause. Der Platz des Welpen im Wagen ist auf dem Arm Ihres Beifahrers oder in einem kleinen Korb, der auf dem Schoß des Beifahrers steht. Auf keinen Fall darf der kleine Hund in den Kofferraum eines Kombis oder in eine geschlossene Transportbox „verfrachtet“ werden.
Die erste Autofahrt ist entscheidend und bewahrt Ihren Hund davor durch Sabbern oder Spuken auf das für ihn unangenehm gewordenen Auto zu reagieren.
Ein Anhalten auf einer Raststätte ist nur bei langen Autofahrten sinnvoll. Besser ist es, wenn der Welpe sein Geschäft noch vor Beginn der Fahrt erledigt.
Zuhause angekommen lassen Sie ihn den Garten erkunden mit der Hoffnung, dass er einen geeigneten Platz für seine Bedürfnisse findet.
Bei Winterwürfen erfragen Sie beim Züchter, wo die Welpen ihr Geschäft verrichtet haben und legen Sie eventuell ein Stück Zeitung oder etwas Einstreu, das Ihnen der Züchter mitgegeben hat, an eine geeignete Stelle im Garten. Anschließend lassen Sie ihn sich ausreichend in seinem neuen Zuhause umsehen.
Ist dies geschehen, kommt die erste Mahlzeit. Der Züchter hat Ihnen bestimmt einen Futterplan und ausreichend Futter für die ersten Tage mitgegeben.
Machen Sie nach dem Fressen einen kleinen Spaziergang nach draußen, den restlichen ersten Tag gestaltet der Welpen sowieso selbst.
Bitte beachten Sie, dass Ihr kleiner Hund zwar geimpft ist, der Impfschutz aber erst durch die Auffrischung nach ca. 4 Wochen komplett ist. Meiden Sie in dieser Zeit öffentliche Plätze und Hundespielplätze.
Die erste Nacht ist bestimmt die schwierigste, sie werden wenig Schlaf haben.
Entweder Sie bringen den Welpen in der Küche unter oder Sie nehmen ihn mit ins Schlafzimmer. Im ersten Fall lassen Sie leise das Radio an, im zweiten Fall stellen Sie eine Box oder einen großen Karton neben Ihr Bett.
Die letzte Variante ermöglicht es Ihnen vielleicht sogar etwas Schlaf zu finden.
Auch wenn die ersten Tage anstrengend sind, muss Ihnen bewusst sein, dass der Hund zu Ihnen ins Haus gehört und auf keinen Fall in einen Zwinger.
Zwingerhaltung ist schon deshalb verwerflich, weil dem Hund die menschliche Ansprache fehlt, die er als Rudeltier so dringend benötigt.
Darüber wird Sie Ihr Züchter auch aufgeklärt haben. Seriöse Züchter geben keinen Hund zur Zwingerhaltung ab. Um Ihren Welpen schnell sauber zu bekommen, brauchen Sie Zeit. Die Ansätze zur Stubenreinheit hat Ihr Welpe schon in der „Welpenstube“ gelernt. Er zeigt Ihnen deutlich durch sein Verhalten, dass er „muss“: Er dreht sich im Kreis und läuft aufgeregt hin und her. Nicht nur jetzt, sondern auch nach Spielphasen und kurz nach dem Aufwachen ist es sinnvoll schnell zu reagieren, den Welpen auf den Arm nehmen und nach draußen bringen – am besten an eine Stelle, an der er sich bereits gelöst hat.
Viel Lob – mit freundlicher Stimme – sollte eine erfolgreiche Verrichtung begleiten und damit ein Fehlverhalten verhindern.
Beobachten Sie ihn also und bringen Sie ihn bei den ersten Anzeichen von Unruhe nach draußen. Nach den Mahlzeiten sollte er immer in Garten gebracht werden.
Passiert es trotzdem, dass Ihre Wohnung in Mitleidenschaft gezogen wird, zeigen Sie dem Kleinen ruhig, dass Sie über das Geschehene wenig erfreut sind.
Um Situationen zu vermeiden, die nicht erwünscht sind, wird ein deutliches, lautes „Nein“ als Befehl gegeben. Martialische Strafen machen Ihren Hund nur ängstlich. Übersprühen Sie die gereinigte Stelle mit einem Duftstoff, damit der Hund nicht in Versuchung kommt den gleichen Ort nochmals aufzusuchen.
Bitte überanstrengen Sie Ihren Welpen nicht durch stundenlange Spaziergänge. Bedenken Sie, dass Ihr Weg auch einen Rückweg hat.
Ausreichende Bewegung ist für einen jungen Hund wichtig, zu viel Bewegung schadet seinen Hüftgelenken.
Heute sind Welpenspielgruppen in Mode gekommen. Sie haben den Vorteil, dass der Welpe, der aus seinem Rudel herausgerissen wurde, hier soziale Kontakte pflegen kann.
Langes Toben aber schadet seiner Entwicklung. Achten Sie bitte, dass Ihr Kleiner beim Spielen nicht von viel größeren oder schwereren Hunden bedrängt und zu Boden gedrückt wird. Auch das ist für die Entwicklung seines Knochenbaus nicht förderlich.