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Erster Lebensabschnitt ( Geburt )
Allerliebst! Fünf
Welpen lagen da in der liebevoll hergerichteten Wurfkiste. Augen und Ohren waren noch
verschlossen. Sie waren gänzlich auf die Instinkte und der Zuwendung d er
Mutterhündin angewiesen. Diese war eine gute Mutter. Sie hegte und
pflegte ihre Welpen vorbildlich, legte sich stets vorsichtig zu ihren
fiependen Kleinen, leckte emsig das Fell und ließ ihre Jungen willig
trinken. Die Einheit der Welpen mit dem Muttertier stimmt die Besitzer
glücklich.
Mit
Freude betrachteten sie die mütterlichen und fürsorglichen Handlungen
ihrer Hündin. Die Welpen gediehen prächtig. Aus Sicht der Hundebesitzer
kam bald der Tag der Welpenabgabe viel zu schnell. Bei der Auswahl der
neuen Welpenbesitzer gaben sich die Zieheltern viel Mühe. Mit Bedacht
übergaben sie die kleinste Hündin einem netten Ehepaar mit viel
Hundesachverstand.
Zweiter Lebensabschnitt
Für die kleine Hündin begann eine
wunderbare Zeit. Babyspielstunden mit anderen Welpen, Ausflüge in die Natur,
Streifzüge in den nahen Wald und viele, viele Schmuse- und Streicheleinheiten
wurden der Kleinen zuteil. Die Hündin entwickelte sich zu einem lieben, dem
Menschen sehr zugewandten und freundlichen Tier. Sie gab alles tierisch -
liebenswerte an den Menschen weiter. Mensch und Tier verschmolzen zu einer
harmonischen Lebensgemeinschaft.Trauer.
Zwei wunderschöne Lebensjahre
vergingen für diese Jagdhündin. Doch plötzlich kam Unruhe in diese Dreisamkeit.
Laute Töne, Streitgespräche, Trauer, Tränen und großer Kummer waren plötzlich
zwischen dem Ehepaar an der Tagesordnung. Der Hund verstand die Welt nicht mehr.
Herrchen und Frauchen waren so sehr mit sich und ihren Problemen beschäftigt,
dass nur noch wenig Aufmerksamkeit dem Hund geschenkt wurde. Die Hündin wurde zu
einer S c h e i d u n g s w a i s e !
Dankbar war das Ehepaar, als ein
„netter Freund" den Hund gut vermitteln wollte. Von den eigenen Problemen
geblendet, stimmten sie zu und übergaben die Hündin dem vermeintlichen „Freund".
Dritter Lebensabschnitt
Nach der glücklichen Jugendzeit begannen nun für die junge
Jagdhündin die Jahre des Horrors. Nach einigen Vermittlungen gelangte sie in
eine Hundewurfanstalt. Einen Namen hatte sie nicht mehr! Man nannte sie nur „BOX
12". In ihrer Box, auf etwas Stroh gekauert, wimmerte sie vergeblich nach ihrem
geliebten Frauchen und dem geliebten Herrchen. Mit schroffen Worten und groben
Gesten wurde sie zur Ruhe gebracht. Sie glich einem Elendswurm und
zusammengekauert wartete sie... Auf was wartete die Hündin??? Die Hündin wurde
zu einer „Gebärmaschine" degradiert. So warf sie oft zweimal im Jahr Welpen,
zwischen 8 - 10 Welpen in einem Wurf. So hat sie in den fünf Jahren ihres
Zuchtdaseins ca. 80 - 90 Welpen geboren. Ihre Aufgabe als Mutter führte sie mit
Liebe und Sorgfalt aus. Doch trotz ihrer ständigen Welpenaufzucht vergaß sie ihr
vorangegangenes Leben nicht. Erstaunlich lieb und anhänglich erwies sie sich
gegenüber Menschen, die sich recht lieblos um sie kümmerten. Oft wurden ihr die
Jungen abrupt abgenommen. In vielen Fällen waren die Welpen für eine Trennung
von der Mutter noch viel zu jung. Die Hündin konnte sich nicht gegen die
Machenschaften der Menschen wehren. Ergeben in ihr Schicksal zog sie Wurf um
Wurf auf. Magere Fütterung ließen den Körper allmählich auszehren. Ihre einstige
Schönheit war ruiniert. Ausgelaugt und abgemagert lag sie in ihrer Box 12 und
wartete erneut auf ihre Welpen.
Vierter Lebensabschnitt
Tierfreunde stießen durch Zufall auf die Wurfanlage. In der
Zuchtstallung lag die langsam verkümmernde Hündin in Box 12. Mit Tränen in den
Augen sahen sie den geschundenen Hundekörper. Große Liegeschwielen und kahle
Hautstellen zeugten von vergangenen Zuchtjahren. Der „Tiervermarkter" witterte
ein gutes Geschäft und verkaufte die Hündin an die Tierschützer. Diese konnten
sie nicht behalten. Ihre Aufgabe sahen sie darin, geschundene Tiere aufzukaufen
und an geeignete Einrichtungen weiterzugeben. So kam diese Jagdhündin in ein
Tierheim. Die Tierschützer berichteten über das bisherige Leben der Hündin. Die
erneut trächtige Hündin erhielt nun sofort nach Ankunft den Namen GINA. Sie
hatte kaum Zeit zum Eingewöhnen, als sie 10 Welpen zur Welt brachte. Erstaunlich
wieder war ihre unermüdliche Fürsorge gegenüber den Jungen. Ohne Unterlass mühte
sie sich um ihre Kinder, als sei es ihr erster Wurf. Noch während der Geburt
versprach man Gina, dass sie nie wieder Welpen bekommen muss. Gina sah schlimm
aus: Sie hatte große, kahle Hautstellen von der Seitenlage beim Säugen, extrem
ausgedehntes Gesäugegewebe, durch die ständige Tragezeit war der Rücken
durchgebogen. Das Wesen Gina's schien jedoch unverletzt zu sein, ihre Erlebnisse
ließen sie nicht an den Menschen zweifeln und zeigte sich immer freundlich. Alle
innerlichen Eigenschaften, die wir an einem Hund lieben, verkörperte dieser
Hund. Alle äußerlichen Merkmale zeigten vom Martyrium, das Gina über Jahre
ertragen musste. Nun hoffte man, dass sie nach der letzten Welpenaufzucht noch
einen glücklichen Lebensabschnitt beginnen könne.
Fünfter Lebensabschnitt
Nun möchte ich Euch von meinem weiteren Schicksal erzählen!
Hochträchtig lag ich in meiner Schlafbox, als eines Tages eine Frau zu mir kam,
die bei meinem Anblick weinte. Naja, ich kannte es ja nicht anders. Freundlich
habe ich sie dann begrüßt - wie ich es trotz meines bisherigen Lebens mit allen
Menschen stets machte -. Ich merkte sofort, dass man über mich redete und auch,
dass ich alles wegtrage und an mich nehmen würde. Wie sollte ich auch anders,
mein Leben lang habe ich immer Welpen gehabt und ich musste doch für sie sorgen.
So nahm ich doch alles, was ich nur „kriegen" konnte. Aber dann passierte es:
Diese Frau hatte es sich vorgenommen, mir etwas von dem „wahren" Leben zu
zeigen. Tag für Tag kam sie zum Tierheim, ich durfte mit ihren eigenen Hunden
lange Spaziergänge machen. Es fiel mir immer schwerer, am Abend von ihr Abschied
zu nehmen. Ich bellte laut, wenn ich sie nur am Tor hörte, damit sie mich auch
ja nicht vergisst. Aber nein, sie vergaß mich nicht. Oft nahm sie mich mit zu
sich nach Hause, hier zeigte ich ihr all mein Können: Stolz lief ich mit ihrer
Handtasche durch die Wohnung, brachte ihr die Jacke von der Garderobe, fraß brav
das ganze Katzenfutter auf und überhaupt war nichts vor mir sicher. Ins Auto
steigen wollte ich schon gar nicht mehr, denn ich wusste ja nicht, geht es ab
zum Spaziergang oder zurück zum Tierheim. Ich ließ mich ins Auto tragen. Trotz
allem merkte ich bald, dass die Frau mir ihr Herz geschenkt hatte und einmal
hörte ich sie sagen, dass es ihr immer schlechter ging, wenn sie mich ins
Tierheim zurückbringen musste. Dann kam der Tag der Kastration, nach der OP nahm
mich die Frau mit nach Hause. Hier sollte ich so lange bleiben, bis ich mich
erholt hatte. Ich bekam einen warmen Platz an der Heizung, viele
Streicheleinheiten und bald war für mich die Welt auch wieder in Ordnung.
IN ORDNUNG; NEIN; NEIN;
NEIN;
EIN NEUES LEBEN BEGANN;
ICH HABE MEIN FRAUCHEN GEFUNDEN;
ICH DURFTE BLEIBEN!
Ich lernte
Treppensteigen und ließ in der Wohnung alles so, wie es mein Frauchen und nicht
ich für richtig hielt. Tja, und dann kam er..., der erste Urlaub in meinem
Leben!!! Noch nie habe ich soviel Wasser auf einmal gesehen. Den ganzen Tag habe
ich damit verbracht, Löcher in den Sand zu buddeln, Möwen zu jagen ( die
natürlich schneller sind als ich ), mit dem kleinen Hund, der ebenfalls bei
meinem Frauchen wohnt, zu toben und mich am Abend dann hundemüde und
überglücklich zu meinem Frauchen schlafen gelegt. Ihr meint, ich hätte Glück
gehabt!
Nein, es ist mehr
als das, aber dafür fehlen mir die Worte.
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